Titelfoto: Adobe Stock @ ninelutsk

Im Kreis von Frauen können wir kraftvolle Unterstützung erfahren. Wir begeistern uns wieder für die Eigenart und Schönheit des weiblichen Geschlechts und feiern, tanzen und lachen zusammen. In der Zeit der Schwangerschaft und der Geburt haben Frauenkreise eine ganz besondere Bedeutung.

Frauenkreise werden als wunderbare Möglichkeit empfunden, Weiblichkeit zu leben. Zu vielen Gelegenheiten kommen Frauen auch heute wieder zusammen. Zum Beispiel in Red Tents, Schwesternkreisen oder Frauentempelgruppen wie awakening women. Sie finden sich ein in Krafträumen, die Frauen jeden Alters und natürlich auch Mädchen vorbehalten sind. Hier treffen sie sich, reden, tun sich Gutes und genießen. Ihren Ursprung haben Frauenkreise in alten Kulturen mit matriarchalischen Strukturen. Der uralte Ritus, dem Frauenkreise entspringen, wird heute wiederbelebt. 

Melanie Schöne* ist überzeugt von diesem wohltuenden Beieinandersein. Sie beschreibt Frauenkreise als Orte, an denen es Frauen möglich ist, sich absichts- und bedingungslos miteinander zu verbinden ohne Erwartungen erfüllen zu müssen. Frauen können dort füreinander da sein, Geheimnisse teilen und Rat erfahren. 

Melanie Schöne über Frauenkreise: 

Ein Raum, wo alles sein kann, aber nichts muss, in dem Erfahrungen gelebt, erzählt, erinnert werden, in dem sich Generationen von Frauen miteinander erleben und ihr Wissen teilen. Auch, um sich zu heilen. Ein Frauenkreis hat für jede Frau eine spürbar heilende Wirkung. Unsere Gesellschaft braucht heile, gesunde und entspannte Frauen. Die gesamte Gesellschaft profitiert von Frauen, die „heil“ sind. In jeder indigenen Dorfgemeinde steht das Wohl der Frauen an oberster Stelle. Sie sind als Schöpferinnen, Kinderernährerinnen und Clanzusammenhalterinnen von immenser Bedeutung.“ 

Wir jedoch teilen unseren Alltag oft nur spärlich mit anderen Menschen. Freundinnen und weibliche Familienmitglieder sind nicht mehr lebenslang beständig anwesend, um selbstverständlich teilzuhaben und gemeinsam Erfahrungen zu sammeln. Zusammenkünfte im Kreis von Frauen, um sich wertzuschätzen, zu tanzen und zu feiern, Mädchen auf ihrem Weg zu begleiten und Rückhalt zu finden, sind rar und ungewöhnlich geworden. Vielleicht liegt hierin die Begründung für die Eigenart, uns auch zur Geburt mit Fremden zu umgeben. Und vielleicht ist die Geburtsbegleitung durch eine Doula oder eine andere enge Vertraute ein guter Schritt auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung und eigener Kraft. Hebamme und erfahrene Frauen der Gemeinschaft kümmerten sich traditionell schon immer um das Wohlbefinden einer werdenden Mutter. Mütter, Großmütter, geburtserfahrene Freundinnen, Schwestern oder Tanten stehen Gebärenden in vielen Kulturen bei. Selten bringen Frauen ihre Kinder allein zur Welt, in Hütten abgeschottet oder im Wald. Das ist eine verklärte Vorstellung. Geburt findet in Verbindung statt. Und auch in unseren Breiten wurde lange Zeit nur die Hebamme zur Geburt gerufen. Sie und einige kundige oder geburtserfahrene Frauen bildeten das Geburtsteam. Geblieben ist heute im besten Fall nur noch die Hebamme. 

Natürlich wünschen sich auch in unserer Gesellschaft die meisten Frauen Unterstützung, jedoch ist unsere Vorstellung von der Geburtsumgebung eine andere. Das Bedürfnis nach Privatsphäre kollidiert mit dem Bedürfnis nach Sicherheit, welches durch möglichst schnell verfügbare, professionelle Interventionen bedient wird. So bevorzugen die meisten Frauen die Anwesenheit ihres Partners als vertraute Person und umgeben sich gleichzeitig mit fremdem, medizinischem Personal. Frauen anderer Kulturen wären sehr erstaunt über die routinemäßige Anwesenheit bisher unbekannter Menschen während der überaus intimen Geburtssituation. 

Es sind die Frauen, die gebären. Und es sind die Frauen, die um die optimale Versorgung und die bestmögliche Betreuung einer werdenden Mutter wissen. Natürlich sind die Möglichkeiten der modernen Geburtshilfe ein Segen, aber auch die kleinen Handreichungen von Frau zu Frau erleichtern die Geburt und tragen so zu Sicherheit und Wohlbefinden bei. Das Gefühl des Umsorgtwerdens und der achtsamen Zuwendung durch mitfühlende Frauen kommt durch verschiedene Handlungen zum Ausdruck. Auch die Traditionen der Blessingway-Zeremonie hält Einzug in unsere Rituale rund um die Schwangerschaft und die Geburt. Doris Moser schreibt in einem weiteren Artikel über dieses wunderbare Ritual.

*Melanie Schöne, Doula und Vorsitzende des Vereins Doulas in Deutschland e.V. ist Autorin des Buches Doula-Wissen rund um die Geburt, Arbor Verlag


AutorinAnja ist Mutter von 4 Kindern und arbeitet als Naturpädagogin und Doula. Seit einigen Jahren begleitet sie Frauen in der Schwangerschaft und während der Geburt. Als Geburtsbegleiterin bietet sie den Frauen emotionale und körperliche Unterstützung und legt den Fokus dabei auf möglichst viel Selbstbestimmung. 

www.anjafreist.de

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