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Gestern war für mich ein Tag, der für den Beginn einer sehr besonderen Zeit in meinem Leben steht. Zu oft verfliegen die Wochen und Monate und am Ende erinnere ich mich kaum noch an das, was ich in der vergangenen Zeit gemacht habe. Aber an diese 6 Wochen werde ich mich mein Leben lang erinnern. Denn vor genau zwei Jahren und somit fünf Wochen vor dem Entbindungstermin zog ich mit meinem Mann und meinem großen Sohn in eine kleine Ferienwohnung nach Berlin, um dort auf die Ankunft unserer Zwillinge zu warten. Wir waren witzigerweise sechs Monate vorher von Berlin aufs Land gezogen. Und nun waren wir mit gepackten Koffern wieder auf dem Weg zurück. Und ein kleines Abenteuer begann. Wir wussten weder wann wir wieder zurück sein werden, noch was wir in den kommenden Wochen erleben werden.
Wenn man sich wie ich auf eine entspannte zweite Schwangerschaft freut, kommt die Neuigkeit, dass es Zwillinge werden einem kleinen Erdbeben gleich. Denn natürlich erinnerte ich mich sofort an all die Zwillingsschwangerschaften und zu früh geborenen Zwillinge, von denen ich gehört hatte. Als die Neuigkeit gesackt war, kam langsam (ehrlicherweise muss ich langsam sagen) die Freude dazu. Wir bereiteten alles vor und erste große Fragezeichen verschwanden mit der Zeit. Da ich viel zu gut um die Bedeutung des richtigen Geburtsortes und der richtigen Geburtsbegleiter wusste, machte mir dieser Punkt irgendwann immer größere Sorgen. Die Hebamme, die ich hier in unserer neuen Heimat gefunden hatte, gab Hausgeburten vor einigen Jahren aus den gut bekannten Gründen auf, vom nächst gelegenen Krankenhaus riet sie ab. Ich sah mir also ein Krankenhaus an, welches als das beste der Region galt. Eine Stunde Fahrzeit im Februar, bei guter Wetterlage. Das klang an sich nicht berauschend, aber schien zunächst die einzige überhaupt mögliche Option. Die Geburtsräume waren gemütlich gestaltet und die Kaiserschnittrate lag lediglich bei 15%. Soweit gut. Ich hätte mich vielleicht damit anfreunden können. Aber die kleine Bemerkung nebenbei, dass sicher auch mal der ein oder andere reinschaut, weil eine Zwillingsgeburt ja etwas ganz besonderes ist, löste bei mir solch ein mulmiges Gefühl aus, welches auch nicht wieder verschwinden konnte. Ich spürte plötzlich, dass ich mich an diesem Ort nicht sicher fühlen könnte. Diese Tür schloss sich.
Mein großer Sohn war trotz BEL auf natürlichem Weg in der anthroposophischen Klink Havelhöhe in Berlin geboren. Und während meiner Zeit als HypnoBirthing-Kursleiterin wählten fast alle Paare, für die eine Geburt Zuhause oder im Geburtshaus keine Option war, ebenso dieses Krankenhaus. Ich hatte also so viele gute Erfahrungen gespeichert, dass diese Möglichkeit nun immer mal wieder in meinen Gedanken auftauchte. Natürlich hing die Frage in der Luft, ob das nicht viel zu verrückt wäre. Es war wirklich keine leichte Entscheidung, denn wir steckten eigentlich noch mitten in der Renovierung unseres Hauses und der große Sohn war gerade in der neuen Kita angekommen. Aber ich versuchte, die Stimmen in meinem Kopf immer leiser werden zu lassen und den Bauch entscheiden zu lassen. Also gab es für mich irgendwann keine andere Möglichkeit mehr. Für die Geburt der Zwillinge kam für mich nur dieser Ort in Frage. Und mit meiner Entscheidung und meinem 100%igen ‘Ja’ stellten sich plötzlich alle Weichen fast magisch. Alles ging dann irgendwie so einfach. Wir fanden eine wirklich preisgünstige Möglichkeit in dieser Zeit in der Nähe der Klinik zu wohnen. Da mein Mann selbstständig von Zuhause arbeitet, konnte er sein Büro einfach mitnehmen. Und wir hatten liebe Freunde in der Nähe, die wir oft besuchen konnten. Meine Eltern waren nun näher dran, um den nun bald großen Bruder während der Geburt zu betreuen. Ich weiß, diese Möglichkeit hätte durchaus nicht jeder. Und ich bin sehr dankbar dafür, dass es uns möglich war, unseren eigenen Weg so zu gehen.
Ich erzähle dir meine Geschichte, weil ich dich dazu ermutigen möchte, dass auch du deinen ganz eigenen Weg findest, der dir und deinen Bedürfnissen voll und ganz entspricht. Dazu brauchst du eine ziemlich genaue Vorstellung davon wie du dir deine Geburt wünschst. Nutze deine Vorstellungskraft. Lausche deiner inneren Stimme, deinem Bauchgefühl. Unter welchen Bedingungen fühlst du dich geborgen? Was brauchst du um dich öffnen zu können? Denn die Geburt deines Babys wird dich prägen. Triff die Entscheidungen, die die Basis für deine Wunschgeburt schaffen. Geh auf die Suche nach Möglichkeiten in deiner Nähe. Denn eine Geburt in Geborgenheit und Würde ist heute keine Selbstverständlichkeit. Verfolge deinen Weg. Vielleicht sieht er ungewöhnlich aus, aber es ist dein Weg.
Unsere Zwillinge haben unsere Geduld dann noch ziemlich auf die Probe gestellt. Sie haben tatsächlich erst an ET+2 auf den Weg zu uns gemacht. Es war ein wunderschöner Morgen. Geboren wurden Felix und Sophie noch als es dunkel draußen war. Kurze Zeit später begann der Tag und schickte uns direkt goldene Sonnenstrahlen auf unsere vier Nasenspitzen.
Alles Liebe, Patricia
Danke, dass du die Geschichte eurer Geburts-Reise teilst. Dass es sich für euch so gelohnt hat, einige Hürden zu meistern, ist wunderbar.
Viel zu oft lassen Frauen von ihren Wünschen ab und ignorieren ihre innigsten Bedürfnisse, wenn es ums Gebären geht. Nur keine Umstände machen … Dabei ist der Geburtsort, die Atmosphäre und die Anwesenheit vertrauter Menschen so essentiell für ein positives, stärkendes Geburtserlebnis. Frauen zu bestärken, ihre Vorstellungen von Geburt zu verwirklichen, ist so wichtig.
Und unbedachte Äußerungen und ihre oft weitreichenden Auswirkungen sind leider auch im Kreißsaal zu erleben.
Liebe Patricia,
das ist toll, dass sich für euch der Aufwand so gelohnt hat. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig das Umfeld für ein schönes Geburtserlebnis ist. Deshalb kam für mich ein Krankenhaus nie in Frage. Bei Zwillingen hat man da aber eigentlich keine andere Wahl! Umso schöner zu hören, dass dennoch eine positive Geburtserfahrung möglich ist.
Ja, bei Zwillingen gehen die Möglichkeiten leider gegen Null, wenn es um eine außerklinische Geburt geht. Ich bin auch gar kein Krankenhaus-Typ, deswegen war es für mich umso wichtiger, einen Kompromiss zu finden.
Eine berührende Geschichte. Ich habe den Vergleich: normale Geburt im Krankenhaus und eine ambulante Geburt mit eigener Hebamme. (Die Geburt war mittags und ich war am Abend schon wieder zu Hause.)
Die Unterschiede sind nicht in Worte zu fassen!
Schön, dass sich der Aufwand auch für dich gelohnt hat. Ein angenehmes Geburtserlebnis ist so wichtig für alle Beteiligten.