Bildnachweis Titelbild: © Maria Sbytova – Adobe Stock
Gestern geisterte ein Artikel durch die sozialen Medien, der bei mir einen mächtig schweren Stein im Magen hinterlassen hat – auch wenn ich ihn an sich nicht besonders ernst nehme. Denn offensichtlich hat die Autorin keine Ahnung worüber sie redet, da ihre Argumentation ziemlich widersprüchlich ist. Aber doch hat er mich aufgewühlt. Und als ich eben neben meinen Kindern im Bett lag – die Leuchtsterne an der Decke, ihr Atem wird immer tiefer – ist mir etwas grundsätzliches bewusst geworden.
Wir wollen Geburt einfach!
Ein geschützter Raum für uns, vertraute Personen an unserer Seite, vielleicht eine Badewanne, Musik und GUT! Mehr brauchen wir nicht. Über 90% aller Frauen brauchen nicht mehr. Für Frauen, die medizinische Unterstützung benötigen, sind wir selbstverständlich dankbar, dass es die Möglichkeiten der modernen Medizin gibt – keine Frage. Aber in der Realität ist dieses Verhältnis umgekehrt. Nicht mal 10% aller Geburten finden ohne Interventionen statt. Wir brauchen das alles aber nicht. Wir können gebären! Und immer mehr Frauen erinnern sich auch daran. Nur leider findet dieses neue Selbstbewusstsein der schwangeren Frauen keinen Platz in der heutigen Geburtshilfe – ganz im Gegenteil. Sinn macht das alles natürlich nicht. Wir wünschen uns die kostengünstigste Geburt überhaupt, bekommen sie aber nicht.
Einige Tage nachdem meine Zwillinge geboren waren, stockte der Wochenfluss. Ich hatte natürlich überhaupt keine Idee, was ich nun tun sollte. Als meine Hebamme zu Besuch kam, erzählte ich ihr davon. Sie kochte einen Tee – eine spezielle Mischung für genau diese Problematik – und schon eine Stunde später, war alles wieder in Ordnung. Wie wunderbar einfach! Hebammen haben einen unglaublichen Wissensschatz an natürlichen Heilmethoden dieser Art. Hilfe ganz ohne Nebenwirkungen. Wenn dieses Wissen dann immer wieder ins Lächerliche gezogen wird, gleicht das für mich dem modernen Scheiterhaufen. Warum werden Hebammen belächelt und nicht ernst genommen? Warum existiert immer noch dieser zarte, aber nicht zu überhörende Unterton, dass das doch alles Hexenwerk ist? Die Hebamme ist eine auf höchstem Niveau ausgebildete Fachperson. Sie ist die Expertin.
Mich stimmt die Situation der Hebammen traurig. Natürlich für uns Mütter und unsere Kinder, aber vor allem auch für die Hebammen, deren Beruf nicht nur Beruf, sondern auch Berufung ist. Die Faszination eines beginnenden Lebens und das Beiwohnen dieses zauberhaften Moments macht diesen Beruf zu einem einmaligen Beruf.
Oh ja, wir brauchen eine neue Geburtskultur!
Mit Hoffnung im Herzen
Patricia
Der erwähnte Artikel: www.welt.de/debatte/kommentare/article126608864/Die-Geburt-der-neuen-Hebamme-wird-gesucht.html
Großartig geschrieben! Mich hat der Artikel gestern auch sehr aufgewühlt und traurig gemacht.
Liebe Grüße
Mother Birth
DANKE, für die wahren treffenden Worte!
Toller Artikel! Ich seh das genauso. Hab mich auch für ein Geburtshaus und tolle Hebammen entschieden(nachdem ich bei einer schreckenverbreitenden Ärztin war, die mich permanent nur verunsichert und geängstigt hat, obwohl alles gut ist). Habe eine wunderbare, komplikationsfreie Schangerschaft (im Moment noch 7. Monat) und genieße die Ruhe und Entspannung mit unserem ungeborenen Kind, welches sich sehr wohl fühlt, ohne die ganzen technischen Sachen.
Einer erfahrenen Hebamme vertrau ich einfach mehr, genauso meinem Körper und meinem Kind…wir machen das schon ;-). Und ich hab das Gefühl, das wird eine tolle Erfahrung. Ganz natürlich und entspannt.
Toller Blog, gefällt mir richtig gut! Danke.
Ich bin Hebamme.
Durchaus esoterisch angehaucht. Ich mag Klangschalen, Meditation und Stoffwindeln. Und Hausgeburten. Ich liebe Hausgeburten. Stillen find ich geil.
Mich traktiert der Artikel nicht.
Die Autorin widerspricht sich selbst.
Anfangs schreibt sie, dass die Frauen lernen (müssen), dass sie nunmal einfach auch Säugetiere sind. Und dann kritisiert sie, die moderne Frau werde zur afrikanischen Mutti.
Ja so what?
Ich gebe ihr allerdings in dem Punkt Recht, dass es nicht wenige Kolleginnen gibt, die leider nicht mit der Zeit gehen und auch wissenschaftliche Grundlagen bestimmter Dinge schlichtweg ignorieren. Das geht heutzutage so nicht mehr! Du kannst als Hebamme nicht mit nem Haufen Globuli und Kräuterchen kommen und meinen, damit könntest du alles heilen. Man muss da schon die Grenzen kennen und auch akzeptieren, dass die neonatale Mortalitätsrate in Deutschland von 3,3 Promille nicht nur daher kommt, dass wir besser ernährt sind und sauberes Wasser haben.
Was auf der “modernen” Seite der Geburtshilfe wie auf der “esoterischen” sowohl Ärzte als auch Hebammen vereint ist das Unvermögen zu begreifen und zu respektieren, dass die eigene Sicht auf die Dinge nicht das Nonplusultra ist. Leider haben auch viele Hebamme null Toleranz gegenüber anderen Ansichten und Meinungen sowie wissenschaftlichen Erkenntnissen. “Das ist gut, das hab ich immer schon so gemacht.” Und das ist der Punkt, den es zu überwinden gilt.
Und sowohl die technisierte Geburtsmedizin als auch die vielleicht esoterisch angehauchte Geburtshilfe sollte sich an Fakten orientieren – die nämlich ganz offensichtlich besagen, dass “keep it simple” ein Grundsatz ist, der besonders bei der Geburt und im Umgang mit Kindern ganz hervorragend funktioniert.
Und dass die natürliche Geburt, das Stillen und Bio-Gemüse kein esoterischer Hokuspokus ist, sondern mittlerweile wissenschaftlich erwiesen der beste Start für uns und unsere Kinder (Ergänzung an alle, die argumentieren: “wenn ich keinen Kaiserschnitt gehabt hätte wäre ich gestorben”: Wenn es aus medizinischen Gesichtspunkten nicht zwingend notwendig ist, etwas anders zu machen. Natürlich!)
Über Hausgeburt mag man sich streiten (ich darf das sagen, ich war Hausgeburtshebamme und habe zwei Kinder zu Hause geboren), will ich aber nicht.
“Keep it simple” ist für jeden ein bisschen anders.
Aber was gut für uns und für unsere Kinder ist – was uns gesund bleiben lässt oder gesund macht – das ist ja wohl mittlerweile glasklar. Entscheide ich mich bewusst dagegen muss das aber auch respektiert werden. (Nur die bewusste Entscheidungsmöglichkeit ist oft eingeschränkt, aber das ist eine andere Sache).
Und da muss ich sagen, liebe Frau Spoerr – Sie meinen vielleicht das richtige, aber Ihr Artikel ist einfach nur schlecht.
Das sollte niemandem Bauchschmerzen bereiten, sondern es sollte uns leicht amüsiert lächelnd zurücklassen.